Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Lassen Sie mich in meiner Haushaltsrede zum Entwurf 2014 auf drei Themen zu sprechen kommen, die die kommunalpolitische Diskussion in Voerde in den zurückliegenden Monaten und Jahren bestimmt haben.
Es sind dies die Sportplatzverlagerung, der Verfall von Urbanität in Voerdes Stadtmitte sowie die Schließung der Gesamtschule Voerde und ihre Folgen.
Ich will mit der für die Stadt kostenträchtigen Sportplatzverlagerung beginnen. Diese Maßnahme stellt nach wie vor einen Klotz im Haushalt für 2014 und die folgenden Jahre dar: Rund 2 Mio. € werden von der Stadtverwaltung als per Kredit zu finanzierender Betrag prognostiziert. Insgesamt also rund 10 Mio. € soll die gesamte Maßnahme kosten. Anlässlich einer Waldbegehung im September 2010 stellte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Voerde laut NRZ vom 03.09.2010 fest: (Zitat) „Wir können uns die Sportplatzverlagerung vorstellen, wenn am Ende wirtschaftlich eine schwarze Null steht.“
Angesichts der finanziell verfahrenen Lage unser Stadt und der vor wenigen Wochen präsentierten und von mir eben zitierten Verlagerungskosten frage ich: Sind weitere 1,9 Mio. € Verschuldung eine schwarze Null? Klar ist, der Haushaltsausgleich muss bis zum Jahr 2021 erreicht werden, geplant ist er bis 2020. Bis dahin wird die Stadtverwaltung weiter neue Schulden machen. Für 2014 soll das Defizit 6,8 Mio. € betragen.
Doch die Sportplatzverlagerung ist heute schon mehr als nur ein finanzielles und ökologisches Fiasko. Sie ist überdies ein administratives Desaster, denn Vertrauen in die Unparteilichkeit wurden aufs Nachhaltigste beschädigt. Nicht zuletzt ist die Sportplatzverlagerung für Voerde zum Inbegriff einer verfehlten, an überholten Vorstellungen orientierten Planungskonzeption geworden. Dies ist unerfreulich, weil sie zu wahrnehmbaren Konflikten u.a. mit dem RVR und Kreis Wesel geführt haben, die nur dadurch zu übergehen sind, dass die Stadtverwaltung ihr originäres Planungsrecht reklamiert. Auch wenn es einige Befürworter beiseite wischen wollen, die Vorbehalte gegenüber dieser Sportplatzverlagerung bestehen nicht nur im Rat.
Der letztendliche Umgang mit der, von relevanten Trägern öffentlicher Belange dringend eingeforderten fundierten Alternativenprüfung von Standorten hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Hier behauptete ein Verwaltungsvertreter, dass Alternativenprüfungen immer zum Ende eines Planungsprozesses stattfänden. Somit scheinen solche Untersuchungen in Voerde nicht von einem unterlegten Erkenntniswunsch geleitet zu sein. Sie sollen anscheinend nur zur Bestätigung des eingeschlagenen Weges dienen: Modern gesprochen sind Alternativenprüfungen in Voerde somit selbsterfüllende Prophezeiungen.
Wechseln wir den Schauplatz:
Am 03.12.2010 berichtete die NRZ: (Zitat) „Mit einem Marketing- und Aktivierungskonzept will die Stadt Voerde ihrer zusammenhanglos wirkenden Stadtmitte zu einem neuen Erscheinungsbild verhelfen.“ Und: (Zitat) „Nach Meinung der Verwaltung hat ihr Büro (gemeint ist das der Frau Frauns aus Münster) ein überzeugendes Konzept vorgelegt.“ Zwei Sätze weiter dürfen wir uns als Voerderinnen und Voerder dann freuen, denn der Erste Beigeordnete verkündet: (Zitat) „Mit Blick auf das Voerder Carré teilte er dann mit, dass sich die Verhandlungen zwischen Investoren und Anker-Mieter in der Endphase der Vertragsabstimmung befänden.“ Mehr als 3 Jahre später dürfen wir diese Äußerungen durchaus anders bewerten. Getan hat sich wenig bis gar nichts. Den von vielen erwarteten Plan B der Verwaltung angesichts des sichtbaren Notstands gibt es augenscheinlich nicht. Erst seit Dezember 2013 wissen auch warum: Denn Alternativenprüfungen finden ja bekanntlich in Voerde immer am Ende eines Planungsprozesses statt. So jedenfalls darf man sich die Augen reiben und staunend in der RP vom 10.02.2012 nachlesen: (Zitat) „Nach seinem Plan B befragt, redete Limke Klartext: „Dann müssen wir den städtebaulichen Notstand erklären und das Gebiet wird zum Sanierungsgebiet.““ Wilhelm Bommann, Geschäftsführer des Einzelhandelsverband Niederrhein, stellt fast zwei Jahre später resignierend im Interview mit der RP am 07.01.2014 fest: (Zitat) „Wir finden es schade, was dort passiert. Es gab immer wieder Ansätze, (…), die leider alle etwas hängengeblieben sind. Da sind die Verantwortlichen vor Ort gefragt. Ich weiß, dass es nicht einfach ist, aber den Kopf in den Sand zu stecken, hilft auch nicht weiter.“
Wer die instabilen und eher rückläufigen Zahlen bei den städtischen Gewerbesteuereinnahmen in jedem Haushaltsentwurf beklagt, der sollte nicht vernachlässigen, dass hier in vortrefflicher Lage seit Jahren kein Einzelhandel mehr stattfindet. Wo keine Umsätze generiert werden, da gibt es auch keine Chance auf Gewerbesteuer.
Meine Damen und Herren, lassen sie mich als dritten Schwerpunkt meiner Rede auf die Schulsituation in der Sekundarstufe I nach dem Schließungsbeschluss für die Gesamtschule Voerde zu sprechen kommen. Die WGV-Fraktion sieht sich in ihrer damaligen Ablehnung des Schließungsbeschlusses für die Gesamtschule Voerde vor dem Hintergrund der sich bis heute vollziehenden Entwicklung bestätigt. Was hier passiert ist, ist nur ein sehr schwer wieder zu korrigierender Fehler. Voerde und die hier bereits lebenden, aber auch noch nach Voerde ziehenden Familien brauchen ein verlässliches, integratives Schulangebot, das aktuellen Bildungsstandards gerecht wird. Dies ist Elternwille! Festzuhalten habe ich für die Wählergemeinschaft Voerde: Eltern und Schüler haben ein Recht, vor der Kommunalwahl am 25. Mai zu wissen, ob es in Voerde eine Gesamt- oder Sekundarschule geben wird. Deshalb ist es für die WGV unabdingbar, Eltern und Schüler mitentscheiden zu lassen. Denn dass die jetzige Situation mit auspendelnden Schülern in der Größenordnung von um die 100 und mehr für die Betroffenen eine große Belastung und für den städtischen Haushalt überdies Einnahmeverluste wegen einer verringerten Landeszuweisung der Schülerpauschale bedeutet, darf nicht unter den Tisch fallen. Zwar zeigen sich durch die Aufgabe von Schulstandorten per Saldo für die nächsten Jahre Haushaltseinsparungen ab, doch der zuerst notwendige Abriss sowie die Vergrößerung und Erneuerung von Schulstandorten kostet erst einmal Geld und belastet den Haushalt erneut. In Anbetracht der hier in Rede stehenden Beträge ist es sicher nur ein randständiges Thema, dass durch die unzulängliche Qualität des Voerder Schulentwicklungsplans jetzt ein neuer Gutachter beauftragt werden muss. Viel stärker ins finanzielle Gewicht fällt dagegen sicher die gescheite Umsetzung der Inklusion im Schulbereich. Ohne zusätzliche signifikante Landesmittel wird dies sicher in HSK-Kommunen wie Voerde nicht zu leisten sein.
Die Stadt Voerde hat in den letzten Jahren mit einigen schulpolitischen Entscheidungen keine glückliche Hand bewiesen. Lehrer, Eltern und Schüler sind zutiefst verunsichert und zu recht auch verärgert. Ob dies nur an den alten Traditionen liegt, die noch aufgebrochen werden müssten, wie in der NRZ am 31.12.2013 aus berufenem Mund zu lesen war, bleibt dahingestellt. Die weiteren Ausführungen des Voerder Bürgermeisters geben aber zu denken: (Zitat) „In Voerde gab und gibt es viele Absolventen der alten Realschule, die heute in der Handwerkerschaft oder in der Politik sind und als ehemalige Realschüler die Hand über die Schule halten. Aber gar die denken jetzt über mögliche oder notwendige Änderungen in der Zukunft nach.“ Die Uhr tickt und die Probleme unserer Stadt werden durch Abwarten und Stillstand nicht geringer. Ganz im Gegenteil, wer mit geöffneten Augen durch unsere Nachbarstädte fährt, kann bestaunen, was sich dort alles tut. Wenn der 2. Stellvertretende Bürgermeister Heinrich Neukäter am 24.01.2014 anlässlich der Nominierung von Frau Kaspar zur CDU-Bürgermeisterkandidatin in der NRZ mit den Worten zitiert wird: (Zitat) „Ihr wird es gelingen den Karren aus dem Dreck zu ziehen…“, dann halten wir diese Aussage als Wählergemeinschaft Voerde für bemerkenswert. Denn zum Sprachspiel vom „Karren im Dreck“ gehören mindestens zwei Evokationen: Die Zukunft, die der Kollege Neukäter im Blick hatte, aber auch die Vergangenheit, das Warum.
Wie auch in den vergangenen Jahren hat die WGV mit Anfragen und Anträgen zum Haushalt 2014 deutlich gemacht – zwei davon werden gleich noch behandelt werden – , dass wir als sehr aktiver politischer Akteur bereit sind, an der Gestaltung von Voerdes Zukunft mitzuwirken.